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Vergabevermerk und Hinweise zur Dokumentation
Öffentliche Auftraggeber (Bund, Länder, Kommunen …) dürfen Aufträge für Lieferungen und Leistungen grundsätzlich nur im Rahmen eines Vergabeverfahrens vergeben. Dabei müssen die Entscheidungen in einer Ausschreibung in all ihren Phasen von Seiten des Auftraggebers ausführlich als Vergabevermerk dokumentiert werden.
Die Verpflichtung zum Vergabevermerk, also der Dokumentation, ist in den gesetzlichen Regelungen zum Vergaberecht sowohl für den Oberschwellen- als auch den Unterschwellenbereich festgelegt.
Nach dem Grundsatz der Transparenz müssen alle einzelnen Schritte eines Vergabeverfahrens nachvollziehbar dokumentiert werden. Dabei wird – dem Anlass gemäß – von einem Leser mit Sachkenntnis ausgegangen. Von einem vollständigen Vergabevermerk wird erst dann gesprochen, wenn das durchgeführte Verfahren einwandfrei nachvollziehbar ist. Aus diesem Grunde sind sowohl alle wesentlichen Entscheidungen als auch die einzelnen Stufen und Maßnahmen, die im Laufe eines Verfahrens getroffen werden, als Dokumentation textlich niederzulegen.
Hinweis: Um eine sichere Projektplanung zu ermöglichen, sollte der öffentliche Auftraggeber den einschlägigen Vermerk dazu unbedingt bereits vor Verfahrensbeginn anlegen. Ist schließlich ein Vertrag mit einem erfolgreichen Bieter geschlossen und kommt der Auftrag zur Ausführung, so kann der Vergabevermerk abgeschlossen werden. Die lückenlose schriftliche Dokumentation in Form einer Vergabeakte erleichtert die Nachvollziehbarkeit eines korrekten Vergabeverfahrens für den Rechnungsprüfer und/oder die Vergabekammer.
Besonders bei europaweiten Ausschreibungen ist diese Dokumentation von gravierender Bedeutung, denn im Falle eines Nachprüfungsverfahrens wird besagte Vergabeakte als wichtigstes Beweismittel zur Klärung des Sachverhalts herangezogen. Antrag auf Akteneinsicht können übrigens auch alle Beteiligten eines Nachprüfungsverfahrens verlangen – jedoch bezieht sich dieses Akteneinsichtsrecht ausschließlich auf mögliche Vergabefehler, die im laufenden Verfahren geltend gemacht werden und überprüft werden sollen.
Problem: In der Praxis wird ein Vergabevermerk leider oft erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens oder sogar erst nach Erteilung des Zuschlags angelegt. Längst unwiderruflich getroffene Zwischenentscheidungen werden vielfach erst im Nachhinein schriftlich festgehalten und begründet. Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens ist dann nur noch eingeschränkt möglich. Die Präventivfunktion des Vermerks hinsichtlich der Korruptionsvermeidung wird somit eingeschränkt. Dies ist nicht im Sinne der Dokumentationsverpflichtung und des Transparenzgrundsatzes.
Mustervorlagen sind in den verschiedenen VHB zu finden. Da sich jedoch alles, was im Vergabevermerk stehen sollte, grundsätzlich an den Erfordernissen des Einzelfalls orientiert, sind solche Pauschalvorlagen nur Standards. Mindestens ebenso sinnvoll ist eine formlose dafür aber chronologisch ordentliche Dokumentation als sogenannter Vergabevermerk innerhalb eines Verfahrens auf und in einer eVergabeplattform.
Grundsätzlich gilt: Je wichtiger eine Entscheidung im Vergabeverfahren ist, umso ausführlicher und unanfechtbarer muss die Begründung dafür im Vergabevermerk dargelegt werden. Dies gilt insbesondere für Wertungsentscheidungen, die Beurteilungs- oder Ermessensspielräume ausfüllen. Eine Bewertungsmatrix kann die Vergabeakte sinnvoll ergänzen und präzisieren, sie kann einen Vergabevermerk aber nicht ersetzen. Mängel in der Nachvollziehbarkeit gehen grundsätzlich zu Lasten der Vergabestelle.
Der Vergabevermerk muss im Übrigen natürlich alle Anforderungen erfüllen, die im Rechtsverkehr an einen Aktenvermerk gestellt werden, um seiner Verbindlichkeit als Urkunde mit Beweisfunktion gerecht zu werden: Dazu gehört neben dem Datum auch die Benennung des Verfassers und des Entscheidungsträgers.
Weiter muss der Vergabevermerk – wegen des Transparenzgebots – belegen, dass die im Laufe eines Verfahrens nötigen Entscheidungen von der Vergabestelle selbst getroffen und nicht einem außenstehenden Dritten überlassen wurden. (Anm.: Die Vergabestelle darf sich dabei zwar der Auswahl- und Vergabekriterien bedienen, die von Dritten aufgestellt wurden, allerdings muss aus der Vergabeakte klar ersichtlich sein, dass die von dem Dritten vorgenommene Auswertung derart detailliert aufbereitet ist, dass sie eine eigenverantwortliche Prüfung und Entscheidung der Vergabestelle ermöglicht hat.)
Die vollelektronische Durchführung eines Vergabeverfahrens, also über eine eVergabe-Plattform, bringt den Vorteil, dass alle Schritte des Verfahrens automatisch dokumentiert und auch automatisch zu einem Vermerk zusammengefasst werden. Je nach Einzelfall sind nur noch einzelne zusätzliche Dokumentationen zu ergänzen.
Ein Vergabevermerk muss nach geltenden Vergabe- und Vertragsordnungen folgende Mindestangaben beinhalten:
- Mindestanforderungen an einen Vergabevermerk:
- Name und Anschrift des Auftraggebers
- Art und Umfang der Leistung/des Auftrags
- Wert des Auftrags
- Namen der berücksichtigten Bewerber oder Bieter mit Gründen für ihre Auswahl
- Namen der nicht berücksichtigten Bewerber oder Bieter mit Gründen für deren Ablehnung, auch Gründe für die Ablehnung von ungewöhnlich niedrigen Angeboten.
- Außerdem den Namen des erfolgreichen Bieters/Auftragnehmers mit Gründen für die Auswahl seines Angebots.
- Begründung weshalb auf die Vergabe eines Auftrags verzichtet werden soll.
- Gründe, weshalb mehrere Fach- oder Teillose zusammen vergeben werden sollen.
Angegeben werden müssen auch jene Gründe, warum ein Auftragsgegenstand die Vorlage von Eignungsnachweisen erfordert (gegebenenfalls, warum in diesen Fällen Nachweise verlangt werden müssen, die über Eigenerklärungen hinausgehen) oder die Gründe für die Nichtangabe der Zuschlagskriterien.
Praxistipps:
- Jede Ausschreibung, ob unter- oder oberhalb der EU-Schwellenwerte, ist vom Auftraggeber mit einem Vergabevermerk schriftlich zu dokumentieren.
- Der Vergabevermerk sollte unmittelbar nach Festlegung des Bedarfs angelegt werden und bis zur Zuschlagserteilung fortlaufend ergänzt werden.
- Der Vergabevermerk muss vom öffentlichen Auftraggeber selbst angefertigt werden. Diese Aufgabe kann nicht delegiert werden.
Es gibt Mustervorlagen– diese ersetzen jedoch nicht die eigene Entscheidungsarbeit.
Quelle: aumass eVergabe 10/2018