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Fahrplan für die e-Vergabe Pflicht
Die Novellierung der e-Vergabe nimmt auch Kommunen in die Pflicht. Wollen diese allerdings wirklich fit für Zukunft sein, sollten sie schon jetzt weitere mögliche Veränderungen im Blick behalten und die durch die Novellierung angestoßenen Neuerungen über die Pflicht hinaus umsetzen, also am besten auch für das Massengeschäft der Unterschwellenvergaben nutzen.
In den nächsten Jahren macht die EU-Kommission in Brüssel die e-Vergabe für Kommunen als öffentliche Auftraggeber sowie für Unternehmen zur Pflicht. § 97 Absatz 5 des Entwurfs des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vom 8. Juli 2015 und § 9 Absatz 1 des Entwurfs der Vergabeverordnung vom 9. November 2015 (VgV-E), setzen Artikel 22 der EU-Richtlinie 2014/24/EU (VRL) über die öffentliche Auftragsvergabe um. Sie schreiben explizit vor, dass öffentliche Auftraggeber und Unternehmen gleichermaßen gehalten sind, künftig grundsätzlich „Geräte und Programme für die elektronische Datenübermittlung beim Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren zu nutzen.“
Mit der Richtlinie zur Einführung der e-Vergabe wird die aktuell bestehende Wahlfreiheit bei der Verwendung elektronischer Mittel Geschichte. Obwohl sich die Maßgabe nur auf Auftragsvergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte bezieht, sollten Kommunen die Modernisierung durch die e-Vergabe auch für das überwiegende Geschäft der Unterschwellenvergaben nutzen. Die Vorteile einer umfassenden e-Vergabe bestehen nicht nur in einem geringeren Zeit- und Arbeitsaufwand sowie Kosteneinsparung – elektronische Vergabeverfahren führen überdies zu einer Zunahme der Rechtssicherheit und helfen, Korruption zu vermeiden. Ferner führt die e-Vergabe zu mehr Wettbewerb.
Die Verpflichtung zur elektronischen Kommunikation zielt stets auf ein laufendes Vergabeverfahren ab. Daher kann die Kommunikation nach § 9 Absatz 2 VgV-E vorerst auch weiterhin mündlich erfolgen, wenn sie – Zitat – „nicht die Vergabeunterlagen, die Teilnahmeanträge, die Interessenbestätigungen oder die Angebote betrifft und wenn sie ausreichend und in geeigneter Weise dokumentiert wird.“ Sowohl die GBW-Neuregelung des deutschen Vergaberechts als auch die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge stellen in ihren neuesten Entwürfen jedoch klar, dass auch das Speichern von Daten elektronisch erfolgen muss. Damit wird eine digitale Vergabeakte für die Kommunen künftig Pflicht. Datenschutz und Datensicherheit sowie die Vertraulichkeit und der Geheimwettbewerb sind bei e-Vergaben besonders zu beachten.
Zu beachtende Vorgaben
Laut VgV-E müssen künftig Unternehmen ihre Angebote in Textform – und zwar geregelt nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) – mithilfe elektronischer Mittel abgeben. Das BGB gibt dort folgendes vor:
Ist qua Gesetz Textform vorgeschrieben, muss eine „lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben“ werden. Trotz der Einhaltung der elektronischen Kommunikation ist dabei nicht unbedingt eine Unterschrift, sondern nur die Textform erforderlich. Umgekehrt müssen jedoch die Vorgaben des § 10 Absatz 1 VgV-E eingehalten werden. Nach dem dort geregelten Sicherheitsniveau dürfen nur Berechtigte Zugriff auf die empfangenen Daten haben. Möchte ein Bieter also nicht nur sicherstellen, dass seine Angebote die Identität des Absenders beweisen, sondern will er ebenso Schutz vor Veränderungen und eine Nichtbestreitbarkeit gewährleisten, muss er auf eine qualifizierte elektronische Signatur (QES) zurückgreifen.
Seit 18. April 2016 müssen Kommunen bei europaweiten Verfahren den Unternehmen unentgeltlich, uneingeschränkt und vollständig sowie direkt Zugang zu den Vergabeunterlagen über elektronische Kommunikationsmittel ermöglichen. Seither ist es auch Pflicht, eine elektronische Bekanntmachung EU-weit vorzunehmen. Der VgV-E bestimmt, dass der öffentliche Auftraggeber von jedem Unternehmen die Angabe einer eindeutigen Unternehmensbezeichnung sowie die Registrierung mittels einer elektronischen Adresse verlangen kann, jedoch darf er nur für den Zugang zur Auftragsbekanntmachung beziehungsweise zu den Vergabeunterlagen keine Registrierung verlangen; eine freiwillige Registrierung ist jedoch durchaus zulässig.
Damit ist zwar eine Registrierungspflicht für die Kommunikation über Vergabeportale weiterhin zulässig, unzulässig ist aber, wenn Unternehmen sich registrieren müssen, damit sie Einsicht in die Unterlagen erhalten oder die Vergabeunterlagen herunterladen können. Verboten sind außerdem Plattformen, deren Nutzung für die Bieter in jedem Fall kostenpflichtig ist.
Umfassende e-Vergabe
Seit 18. April 2017 ist bei allen zentralen Beschaffungsstellen die elektronische Kommunikation eingeführt. Zentrale Beschaffungsstellen sind öffentliche Auftraggeber, die auch für Dritte, also für ‚andere Auftraggeber’ Beschaffungen durchführen. (Achtung: So genannte zentrale Vergabestellen sind keine zentralen Beschaffungsstellen! Dabei handelt es sich um reine interne Organisationseinheiten einer Kommune.)
Ab 18. Oktober 2018 wird für EU-weite Verfahren schließlich die vollständige elektronische Kommunikation für alle Vergabestellen und damit für jede Kommune bindend werden. Es wird nur mehr wenige Ausnahmen von der Regel geben, in denen Kommunen nicht verpflichtet sind, elektronische Kommunikationen durchzuführen. Eine Regelabweichung wäre etwa bei der Vergabe von Architekturleistungen möglich, wenn von den interessierten Architekten – Zitat – „die Einreichung von physischen oder maßstabsgetreuen Modellen verlangt wird, die nicht elektronisch übermittelt werden können“ (§ 53 Absatz 2 VgV-E).
Die für digitale Vergaben nötige Hard- und Software für Kommunen und Unternehmen ist entweder bereits vorhanden oder leicht anzuschaffen: ein Rechner mit Internet-Zugang und Monitor sowie eine Ausschreibungssoftware. Mehr braucht es praktisch nicht. Auch Unternehmen können über Software-Anwendungen die elektronische Kommunikation ermöglichen. Wichtig für Kommunen ist aber, den richtigen Anbieter für die e-Vergabe zu finden. Aktuell gibt es mehrere unterschiedliche Konzepte, die zur Wahl stehen und geprüft werden sollten. Diese sollen zwar künftig über die X-Vergabe einem einheitlichen Standard zugeführt werden. Bis dahin sollten Kommunen aber Lösungen bevorzugen, die interoperabel sind – also fähig, mit verschiedenen Systemen und Techniken zusammenzuarbeiten. Darüber hinaus sollten die Vergabestellen hinreichend prüfen, ob der von Ihnen ins Auge gefasste Anbieter vergaberechtskonform arbeitet (Stichwort: Registrierungspflicht und Kosten für die Bieter).
Quelle: aumass eVergabe